20 ist eine stolze Zahl – so viele Jahre gibt es bereits die GründerRegion Aachen, Düren, Euskirchen, Heinsberg, eine gemeinsame Initiative von mittlerweile 14 regionalen Wirtschaftsförderungseinrichtungen, die sich die Aufgabe gestellt hat, Gründer bei ihrem Einstieg in die Geschäftswelt zu unterstützen. Am 24. September wird das Jubiläum groß gefeiert, dazu wird es einen Aktionstag in der Aula Carolina geben mit Impulsvorträgen, Best-Practice-Beispielen und Workshops.
Leerstand ist derzeit ein großes Thema in den Städten und Gemeinden unserer Region. Traut sich noch jemand, einen eigenen Laden zu eröffnen? Peter Boeken und Ying Zhi Boeken haben sich genau an so ein Unterfangen gewagt. In Jülich haben sie den Markt analysiert und dabei festgestellt, dass es für die ca. 1.000 Menschen umfassende chinesische Gemeinschaft keinen Lebensmittelladen gibt. Sie eröffneten 2015 den ASIA FOOD SHOP und trafen damit ins Schwarze. Um ihren Kundenkreis zu erweitern, ergänzte die leidenschaftliche Köchin Ying Zhi Boeken das Programm bald durch Kochkurse, die begeistert von den Jülichern aufgenommen wurden. Der Laden läuft so gut, dass man inzwischen ein zweites Ladenlokal dazunahm. Hier werden indische und arabische Lebensmittel angeboten und auch hier soll in Bälde gekocht werden. Peter Boeken, der eigentlich bereits in Rente ist, ist dabei nicht der typische junge Gründer. Vielmehr haben die Boekens sich auf dieses Experiment eingelassen, um Ying Zhi Boeken ein eigenes Standbein zu verschaffen, wo sie Geld verdienen kann und in die Rentenkasse einzahlt, um ihre Zukunft zu sichern. In der Gründungsphase haben die beiden sich auf Erfahrungen aus früheren Jobs und Ausbildungen gestützt, nach der Gründung hat Peter Boeken sich schon des Öfteren von der GründerRegion inspirieren lassen. So besuchte er Seminare zur Work-Life-Balance, zu Marketing oder zu Facebook. Die neuen Kenntnisse nutzt er beispielweise, um über News zum Laden und zu Kochkursen zu informieren. Inzwischen ist er im Stadtmarketing Jülich aktiv und hat einen Stammtisch für Unternehmensgründer in der Stadt ins Leben gerufen. Am Aktionstag in der Aula Carolina wird er um 12:20 Uhr über die Gründungsgeschichte der Boekens in Jülich sprechen.
Michael F. Bayer, 1999 erster Geschäftsführer der GründerRegion und heute Hauptgeschäftsführer der IHK, nennt eine Gründung erfolgreich, wenn sie die Fünfjahresmarke überschreitet. Die Boekens haben es also in diesem Jahr geschafft. Bei Startups in der Technologiebranche brauche es eher sieben Jahre, um ein Unternehmen zu festigen und die Anlaufschwierigkeiten zu meistern. Eine Scheiterquote von 50 % sei normal. Im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre sind in der GründerRegion Aachen, Düren, Euskirchen und Heinsberg rund 9.500 Unternehmen jährlich entstanden – noch eine überaus stolze Zahl. 30 % wurden dabei von Frauen gegründet, 70 % von Männern. Frauen würden oft kleiner, aber nachhaltiger und erfolgreicher gründen, resümiert er. Bayer, der selbst Diplom-Ingenieur mit Fachrichtung Luft- und Raumfahrtechnik ist, hat eine besondere Affinität zur Startupszene, die sich aus den Hochschulen ergibt. Um nah an der Szene zu sein, ist er im Vorstand des digitalHUB in der ehemaligen Kirche St. Elisabeth an der Jülicher Straße. Fast 70 Startups sind dort derzeit beheimatet und vernetzt mit ca. 300 bestehenden Unternehmen.
Insgesamt kommen jedoch nur ca. 2 % der Gründungen aus der Technologiebranche und 98 % aus anderen Bereichen. Gründen bedeutet dabei nicht nur Innovation – also Unternehmen mit komplett neuem Konzept oder neuer Technologie –, sondern auch Übernahme, zum Beispiel eines Friseursalons. Hauptsache, der Businessplan stimme, so Bayer. Um die angehenden Gründer zu unterstützen, hat man sich viele Formate ausgedacht, von Erstinfoveranstaltungen (EXISTENZIA) über eine regionale Gründungsmesse (AUFBRUCH) bis hin zum Businessplanwettbewerb AC², bei dem es attraktive Preise zu gewinnen gibt. Seit 2003 haben alleine 3.200 Personen mit rund 2.000 Gründungsideen teilgenommen. Für Frauen steht mit dem VISIONplus-Unternehmerinnenpreis ein weiteres Format zur Verfügung, bei dem man sich messen und Geldpreise gewinnen kann.
Für die Zukunft formuliert Michael F. Bayer bereits Pläne. Man prüfe gerade Finanzierungsmodelle, um eine Plattform zu schaffen, mit der die GründerRegion verstärkt die digitalen Medien nutzt und auch künstliche Intelligenz einbindet. Über die Plattform im Netz will man noch mehr Gründer erreichen und eine niedrige Einstiegsschwelle schaffen. Auf Interessierte will man mit Hilfe der Onlineangebote dann während der Beratungsphase immer wieder automatisiert proaktiv und zugeschnitten auf ihre Bedürfnisse zugehen. Das Ganze natürlich als Ergänzung zur persönlichen Beratung. Diese bleibe auch in Zukunft wichtig, ist sich Bayer sicher. So wie auch die Seminare, die Peter Boeken immer wieder Impulse und neue Ideen gegeben haben.
Infos:
gruenderregion.de
Aktionstag „20 Jahre GründerRegion“
24.09.2019, 12:00-18:00 Uhr
Aula Carolina Aachen
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