Ohne Auto oder Flugzeug – mein Sommer zwischen Vennbahnweg und Uckermark

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Die Älteren unter uns erinnern sich noch: Aufsätze schreiben in der Schule. Ganz einfallsreich hieß es manchmal „Mein schönstes Ferienerlebnis“. Mein schönstes Ferienerlebnis? Was könnte ich aufschreiben, wo gerade der Sommer 2023 zu Ende geht? Wie in der letzten Kolumne angekündigt, war der Waldmeister viel in hiesigen Breiten unterwegs, und dabei gab es eine ganze Menge Kilometer zu Fuß oder mit dem Fahrrad.

So schöne Urlaubsziele zuhauf, gleich vor der Haustür geht es los. Zum Beispiel mit dem Rad auf den Vennbahnweg. Ungestört von Autos, wunderbare Natur, Wälder, Wiesen, Moore, auf dem Weg nach Luxemburg. Schöne Einkehrmöglichkeiten unterwegs, besonders erwähnt sei nur das quirlige Bahnhofscafé in Raeren. Weiter nach Monschau, Bütgenbach, Weywertz. Und da links ab, auf den Vennbahnquerweg, hinüber ins Kylltal. Freunde von uns sind vor ein paar Monaten nach Mürlenbach gezogen, die wollten wir in ihrem neuen Haus besuchen.

In Mürlenbach gibt es die Bertradaburg, sie gilt als möglicher Geburtsort von Karl dem Großen, so richtig belegen lässt sich das allerdings nicht. Was macht der Waldmeister in Mürlenbach? Ja tatsächlich in den Wald gehen zum Beispiel. Und an der Kyll entlangradeln. Dort gibt es viel zu entdecken, zum Beispiel zwei meiner Lieblingsvögel. Einer recht klein, der andere viel größer.

Der kleine zuerst. Manche nennen ihn auch fliegenden Edelstein. Der Eisvogel ist wahrscheinlich eine der schillerndsten einheimischen Vogelarten. Sein blau-oranges Gefieder ist ein echter Hingucker. Die Oberseite sowie der Oberkopf sind schillernd azur- bis kobaltblau. Der Rücken ist etwas heller als die Flügel. Unterseite und Wangen sind rostbraun bis rostorange. An der Kehle und an den Halsseiten besitzt er jeweils einen kreideweißen Fleck. Der Schnabel ist dunkel, lang und kräftig. Seine Nahrung basiert fast ausschließlich auf im Wasser lebenden Tieren, weshalb sein Vorkommen stark von nahrungsreichen und sauberen Gewässern abhängig ist.

An der Kyll und anderswo sitzt der Eisvogel im Schatten am Ufer eines Gewässers und hält Ausschau nach Beute. Hat er einen Fisch gesichtet, stößt er blitzschnell und steil ins Wasser, um seine Beute rasch mit dem Schnabel zu ergreifen. Er brütet in knapp ein Meter langen horizontalen Brutröhren, die er in Steilklippen gräbt.

Und dann steht da plötzlich ein viel größerer Vogel mit langen Beinen im flachen Wasser am Ufer. Ein Storch? Lange rote Beine, das passt, der spitze rote Schnabel auch. Aber die Federn haben eine ganz andere Farbe, fast alle sind schwarz und glänzen metallisch. Es ist der Schwarzstorch. Der Schwarzstorch ist 90 bis 100 Zentimeter groß, hat eine Flügelspannweite von 170 bis 200 Zentimetern und wird drei Kilogramm schwer. Der Schwarzstorch ist sehr selten, weil es bei uns in Mitteleuropa kaum noch ungestörte Wälder und somit Brutreviere der Schwarzstorchenpaare gibt. Außerdem werden Feuchtgebiete trockengelegt. Bis zu diesem Sommer hatte ich ihn erst dreimal gesehen, hier an der Kyll konnte ich ihn lange beobachten. Diesmal hatte ich auch ein Fernglas dabei …

So weit die Eifel, die zweite Reise war etwas länger, diesmal mit Zug und Fahrrad in die Uckermark. Uckermark, „nie gehört, wo ist das denn …?“, sagen mir viele Freunde. Dabei handelt es sich bei der Uckermark um eine der schönsten Urlaubslandschaften, die ich kenne. Sie liegt nur knapp 80 Kilometer von Berlin entfernt im nördlichsten Teil des Landes Brandenburg.

Dünn besiedelt, zahlreiche kleine Dörfer mit altehrwürdigen Kirchen, aber vor allem unverwechselbare Naturlandschaften und wunderbare Seen. Mehr als 500 von ihnen laden ein zum Baden, Paddeln, Sich-treiben-Lassen. Mich und meine Freundin zieht es immer wieder hierhin, wir wandern, fahren mit dem Rad, genießen die Ruhe und die Natur. Auch hier haben wir Freunde, die wir vor vielen Jahren in Aachen kennengelernt haben. Kraniche, Biber, Ringelnattern, auch wieder Eisvögel, tolle Naturbeobachtungen allenthalben, jeder Urlaubstag wie eine Expedition ins Tierreich.

Ach ja, das schönste Erlebnis? Muss nicht lange überlegen. Eines unserer Urlaubsrituale: vor dem Frühstück in den See. Und was passiert da? Ich schwimme weit draußen, treibe auf dem klaren Wasser. Über mir kreist ein großer Vogel, es ist ein eindrucksvoller Greifvogel. Ich erkenne ihn vor allem an seiner fast weißen Unterseite. Das muss der Fischadler sein, hier konnte ich ihn schon oft beobachten. Wie der Name es schon verrät, ernährt sich dieser Adler hauptsächlich von Fischen.

Aber was jetzt geschieht, erlebe ich zum ersten Mal. Knapp zwanzig Meter vor mir klatscht der große Vogel im Sturzflug ins Wasser. Dann ein paar schwerfällige Flügelschläge und er erhebt sich wieder in die Luft. Mit einem großen Fisch in den Krallen macht er sich auf den Weg, sicher warten seine immer hungrigen Jungen schon im Nest in der Nähe und freuen sich auf das frische Frühstück.

Was möchte ich mit diesem Text über meinen persönlichen Sommer eigentlich sagen? Es gibt so viel zu entdecken, manchmal direkt vor der Haustür, im Öcher Bösch, in der Eifel oder in Landschaften wie der Uckermark. Zug, Fahrrad, Wanderschuhe, mehr braucht es nicht.

In diesem Sinne wünsche ich euch/Ihnen einen tollen und erlebnisreichen Spätsommer und bunten Herbst.

Bis bald im Wald oder anderswo!

Der Waldmeister
Michael Zobel

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