50 Jahre Helene-Weber-Haus

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Bildung und Begegnung am Puls der Zeit

Als das Helene-Weber-Haus am 28. Juni 1969 seine Eröffnung feierte, war das für Stolberg eine Sensation. 
Heute kann die katholische Familienbildungseinrichtung über 2.000 jährliche Kurse an über 280 Standorten in Stolberg, Aachen und der ganzen StädteRegion aufweisen. Dauerbrenner sind geblieben, andere Angebote sind aus dem Programm gefallen und immer neue setzen bei den Trends und Bedürfnissen der aktuellen Zeit an.

1969 sah die Situation der Frauen in Stolberg so aus: Sie waren zu Hause und kümmerten sich um Haushalt und Kinder, von denen viele bis zur Einschulung bei ihren Müttern blieben. „Als das Helene-Weber-Haus in Stolberg gebaut wurde, war das für die Stadt eine Sensation“, berichtet die heutige Leiterin und Geschäftsführerin Astrid Natus-Can. Das Bistum errichtete in der Oststraße 66 ein Haus mit zwei voll ausgestatteten Nähräumen, Lehrküche, Werkraum mit Brennöfen und einer Turnhalle mit Schwingboden. Und ein weiteres Extra war eingeplant: Kurse mit Kinderbetreuung! Ziel war es, den Weiterbildungsauftrag zu erfüllen, den es seit den 50er Jahren gab, und für die Menschen Weiterbildung möglichst an ihrem Wohnort anzubieten. Wie wichtig dies für die Menschen – allen voran für die Frauen – war, können Astrid Natus-Can, Marianne Kaufmann, stellv. Leitung und Bildungsmanagement, und Bildungsmanagerin Hannelore Klinkhammer-Bohl berichten. Sie erzählen von Familien, die die Entscheidung für ihren Wohnort von dem Freizeitangebot abhängig machten. So soll eine Frau ihren Mann, der an eine Stolberger Fabrik wechselte, gefragt haben, was sie denn in diesem Örtchen anfangen solle. Als er ihr erzählte, er habe von den Angeboten des neuen Helene-Weber-Hauses gehört, war auch seine Gattin hellauf begeistert und einem Umzug stand nichts mehr im Wege. „Viele Menschen sind mit dem Helene-Weber-Haus ihr Leben lang verbunden“, so Natus-Can. Es gebe eine Besucherin, die seit 50 Jahren Nähkurse am Haus belege.

Das eindrücklichste Beispiel ist jedoch ein Fotoalbum, das Natus-Can und ihre Kolleginnen zum Termin mitgebracht haben. Eine fotobegeisterte Stolbergerin dokumentierte mit ihrer Kamera nicht nur die Eröffnung des Hauses und den Festakt, sondern in den Folgejahren alle Kurse, an denen sie teilnahm. Ihre Tochter – auf einem der Fotos als Zweijährige in der Kinderbetreuung zu sehen – ist heute Mitarbeiterin des Helene-Weber-Hauses.


Das Fotoalbum ist bis zur letzten Seite gefüllt. Aufnahmen dokumentieren die Gruppe „Turnen für Mutter und Kind“ – Mütter und Nachwuchs, gleichermaßen gekleidet in kurzen Höschen, balancieren konzentriert über umgedrehte Bänke. Im Kurs „Säuglingspflege“ beugen sich junge Frauen über eine Kautschukpuppe und üben das Wickeln mit Stofftüchern. Ein paar Seiten weiter dann ist der Nachwuchs in der Kinderstube untergebracht und Mutti kann ihren Hobbys nachgehen. Da werden Körbe geflochten, im Batikkurs Tücher gefärbt, es wird genäht und in Kittelschürzen sieht man die Damen in der Schauküche stehen. „Backe, backe Kuchen“ hat die Verfasserin liebevoll auf ein Kärtchen geschrieben und dies auf der Fotoalbumseite eingeklebt. Auch ein Kosmetikkurs konnte besucht werden. „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste?“ steht daneben.
Laut Hannelore Klinkhammer-Bohl besuchten früher Frauen ab der Schwangerschaft bis zur Einschulung der Kinder besonders viele Kurse im Helene-Weber-Haus. Erst in den 80er Jahren hätten auch Krankenhäuser Bildungsprogramme rund um die Geburt entwickelt, um die Schwangeren direkt an ihre Häuser zu binden.
Wenn in den Jahren vor der Digitalisierung das neue Programm erschien und man sich bei den Kursen anmelden konnte, sei die Schlange so lang wie die ganze Straße gewesen und man habe Kaffee für die stundenlang Wartenden reichen müssen.
Heute kann man die Kurse natürlich im Netz einsehen und sich online anmelden.

Um auch wieder verstärkt werdende Eltern anzusprechen, hat das Helene-Weber-Haus soeben eine Hebamme angestellt. In den Kursen „Auf dem Weg zur Familie“ sollen Eltern mit dem nötigen Wissen ausgestattet werden, das sie als junge Familie benötigen, und sich mit anderen Eltern austauschen können. Das Helene-Weber-Haus bietet dabei den neutralen Rahmen, denn es hat kein Interesse, die Eltern in eine spezielle Klinik zu lotsen.

Natus-Can betont die sehr gute Qualifizierung der Referentinnen und Referenten, die für das Haus arbeiten, so habe man immer schon mit den Hochschulen der Region zusammengearbeitet, um Vorträge zu Erziehungsfragen anzubieten. Noch etwas ist dem Team wichtig: Die Kurse sollen für Eltern in der ganzen StädteRegion erreichbar sein. Deshalb werden sie nicht nur in Stolberg angeboten, sondern an über 280 Orten in der ganzen Region. Besonders durch die Zusammenarbeit mit den Familienzentren habe man neue niederschwellige Angebote an die Eltern herantragen können. An den Kosten soll eine Teilnahme auch nicht scheitern, verschiedene Modelle ermöglichen es finanzschwachen Familien, weniger oder auch gar nichts zu bezahlen. Andere wiederum, die dieses Angebot gerne unterstützen möchten, können zu ihrem Kurs 50 Cent mehr hinzugeben, um mit diesem „Helenchen“ die finanzschwachen Teilnehmenden zu unterstützen.
Eine Kinderbetreuung während der Kurse ist heute nicht mehr notwendig. Mit einer Ausnahme: Während dreier Deutschkurse können Mütter, die die deutsche Sprache erlernen möchten, ihre Kinder in der Betreuung abgeben.

Von ihrer Namensgeberin Helene Weber fühlt sich das Team inspiriert und hat höchsten Respekt vor dieser Persönlichkeit. Helene Webers Anspruch war es immer, Frauen die Möglichkeit zu geben, sich zu professionalisieren. Der Leitgedanke der Einrichtung ist noch heute, Bildung und Begegnung zu ermöglichen – und zwar nicht nur für Frauen, sondern für alle. „Wir wollen die Menschen ermutigen, etwas zusammen zu machen und zu erlernen, ein gelingendes Leben zu führen, in dem man sich wohlfühlt“, so Klinkhammer-Bohl. Und dafür gibt es inzwischen eine bunte Palette von über 2.000 Angeboten für Erwachsene, Familien und Kinder.

Anlässlich des Jubiläums wird am 29. Juni 2019 ein großes Fest auf dem Kaplan-Dunkel-Platz in Stolberg gefeiert.
Mehr Infos dazu im Kalender.

Alle Infos zum Helene-Weber-Haus:
heleneweberhaus.de

Wer war Helene Weber?

Helene Weber wurde 1881 in Elberfeld geboren. Sie war eine deutsche Politikerin des Zentrums und der CDU und galt als einflussreichste Frau der Union, die den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in der Verfassung der BRD mit erkämpft hat.
Nach der Mittleren Reife auf der Töchterschule in Elberfeld besuchte Helene Weber von 1897 bis 1900 das Lehrerinnenseminar in Aachen. Später studierte sie Geschichte, Philosophie und Romanistik. Sie wurde Mitglied im Zentralvorstand des Katholischen Deutschen Frauenbundes und erste Vorsitzende des Vereins katholischer Sozialbeamtinnen Deutschlands. Ab 1918 leitete sie die Soziale Frauenschule Aachen, aus der später die katholische Hochschule entstand. 1920 wurde Weber Ministerialrätin im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt, wo sie das Dezernat „Soziale Ausbildung“ leitete. Sie war damit die erste weibliche Ministerialrätin Preußens. Von der NSDAP wurde sie entlassen. 1945 beteiligte sie sich am Aufbau der CDU und war Mitbegründerin der Frauenarbeitsgemeinschaft. Von 1949 bis zu ihrem Tode war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, wo sie 1949 und 1953 den Wahlkreis Aachen-Stadt vertrat.

Nach ihr sind zahlreiche Straßen und Bildungseinrichtungen in Deutschland benannt.

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