Signor Rossi – Gesamtbox

in Kino & Filme

Vorgestellt von Marco Siedelmann
Bruno Bozzetto, Italiens wichtigster Zeichentrickfilmer, entwickelte die Figur des Herrn Rossi bereits in den frühen Sechzigerjahren. Während sich Bozzetto darum bemühte, der übermächtigen Konkurrenz von Marktführer Disney eine eigene Ästhetik entgegenzusetzen, und zwei Langfilme auf die Beine stellte, begleitete Herr Rossi sein Gesamtwerk durch wunderbare Miniaturen (Cartoons und Clips). Heute ist die gedrungene Arbeiterfigur Bozzettos bekannteste Schöpfung – er rechnete mit Rossi im Musikfilm „Allegro non Troppo“ ab, indem er ihn brutal verbrennen ließ. Die erfolgreichen Cartoons veranlassten Bozzetto zur Mitte der Siebzigerjahre, Herrn Rossi für das Fernsehen wieder aufleben zu lassen – es entstanden drei Miniserien um die inzwischen kultige Figur: „Herr Rossi sucht das Glück“, „Herr Rossi träumt“ und „Die Ferien des Herrn Rossi“. Diese drei Serien, allesamt mit vier Episoden schmal im Umfang (dafür vereint wieder jede Episode zwei aufeinander folgende Geschichten), sind in der Komplett-Box auf jeweils einer DVD enthalten. Doch Vorsicht, den wirklich vollständigen Rossi hat man damit nicht erworben, das Frühwerk ist nicht mit im Paket. Heute ist Herr Rossi nicht nur nostalgische Kindheitserinnerung für jene, die mit der Serie aufgewachsen sind, sondern genießt auch aufgrund ihrer vielen sarkastischen, satirischen und psychedelischen Witze auch unter Erwachsenen und Filmfans einen ausgezeichneten Ruf.

Schon die Grundkonstellation, die seit den Kurzfilmen der Sechziger nicht nennenswert verändert wurde, ist in höchstem Maße sozialkritisch angelegt. Herr Rossi ist ein einsamer, dicklicher Arbeiter, der Tag für Tag seinen trüben Arbeitsalltag in einer Fischkonservenfabrik herumkriegen muss. Dabei wird er von seinem garstigen Chef herablassend behandelt und herumgescheucht. Nur mit Gastone, dem Hund vom Chef, verbindet Rossi eine Freundschaft und gemeinsam erleben die beiden verrückte Abenteuer. Ausgehend von dieser Tristesse feiert die Serie gleichzeitig den Eskapismus und die Kraft der Träume. „Herr Rossi sucht das Glück“ zeigt, wie eine gute Fee sich erbarmt und dem unglücksseligen Signor eine Flucht aus dem Alltag ermöglicht. Sie verhilft Gastone zur Gabe des Sprechens und schenkt den beiden eine Pfeife, mit deren Nutzung sie durch Raum und Zeit reisen können. Sie landen in unterschiedlichen historischen Epochen und überall hat die Tyrannei und Unterdrückung das gleiche Gesicht: Der Chef aus der Fabrik begegnet den beiden in jeder vergangenen Epoche erneut. Noch etwas surrealistischer geht es dann in „Herr Rossi träumt“ zu: Gespickt mit unzähligen Anspielungen an Literatur und Kunst schraubt man den historischen Teil etwas zurück. Allerdings nur, um sich noch wesentlich ungehemmter an fantasiereiche Geschichten zu wagen. Leider sind „Die Ferien des Herrn Rossi“ nicht mehr so verrückt und unbeschwert, an satirischer Schärfe hat aber auch die dritte Mini-Serie nichts eingebüßt. Und das traumverlorene Titellied genießt mindestens einen ebenso großen Kultstatus wie die Serie selbst, deren flächige Zeichnungen zwar simpel sind und oftmals nur sehr grobschlächtig animiert, die aber ihren ganz eigenen Stil gefunden hat und vollkommen unverwechselbar bleibt.

Italien 1976 / Regie: Bruno Bozzetto / Länge: 342 Min. / FSK: ab 6

Bleibe immer auf dem Laufenden

Ich will nichts verpassen und möchte wöchentlich den kostenlosen KingKalli-Newsletter erhalten und über aktuelle Themen und Termine auf dem Laufenden gehalten werden.

Ich bin damit einverstanden, den Newsletter zu erhalten und weiß, dass ich mich jederzeit problemlos wieder abmelden kann.

Hinterlasse einen Kommentar