Netzgemüse – Aufzucht und Pflege der Generation Internet

in Buchtipps, Hören & Lesen, Digital World & Medienkompetenz

Tanja und Johnny Haeusler leben mit ihren 11- und 13-jährigen Söhnen in Berlin und betreiben das mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnete Weblog Spreeblick. Seit 2007 gehören sie außerdem zum Gründungs- und Veranstaltungsteam der re:publica, einer der wichtigsten europäischen Konferenzen für Online-Medien und die digitale Gesellschaft. Mit „Netzgemüse“ haben sie ein Buch auf den Markt gebracht, das aufräumen soll mit Vorurteilen und Panikmache bezüglich des Medienkonsums von Kindern und Jugendlichen.
Auf höchst amüsante Weise geben sie dabei auch Einblick in ihr Familienleben und die Erfahrungen mit anderen Eltern oder der Schule.
Die beiden Web-Profis kennen sich blendend mit Inhalten und Strömungen im Netz aus und verschaffen so auch nicht so netz-affininen Eltern einen guten Überblick. Dabei muss man aber auch eins erkennen: Dem Nachwuchs kann man zwar Grenzen setzen und ihn auch auf Aspekte der Sicherheit hinweisen, beibringen wird man ihm aber eher weniger. So sind es vielmehr die Kids, von denen die meisten Erwachsenen einiges lernen können. Denn die Kinder sind die, die bereits mit der digitalen Welt aufgewachsens sind, während die ältere Generation die „digitalen Migranten“ sind, wie Tanja und Johnny Haeusler im ersten Kapitel anhand eines anschaulichen Beispiels erläutern.
Im zweiten Kapitel „Digitale Medien“ geht es dann schon los. „Hat Sie Ihr Sohn jemals gefragt, wie er sein Profilbild auf Facebook ändern kann, oder mussten Sie Ihrer Tochter helfen, weil sie beim Computerspiel „sims“ am Haustierdownload gescheitert ist? … Wahrscheinlich lautet Ihre Antwort: Nein.“
Ja, so ist es. Schnell muss der Leser sich eingestehen, dass ihm der Nachwuchs in einigen Bereichen weit voraus ist und anscheinend auch keine Probleme hat, selber und ohne elterliche Hilfe Lösungen zu seinen Problemen zu finden – indem er im Netz bei Foren, Blogs oder in sozialen Netzwerken nach Lösungen sucht und sich Tutorials anschaut.

Dass der Nachwuchs in Bezug auf die neue Technik in einigen Bereichen einen Wissensvorsprung hat, müssen Eltern also akzeptieren. Dennoch bleiben Bereiche, wo Eltern als Vorbilder oder auch Regelgeber gefragt sind: Wenn es zum Beispiel um den Gebrauch eines Smart-phones geht, so können Eltern durchaus die Regel einführen, dass beim Essen nicht mit Freunden kommunziert wird oder das Smartphone in der Nacht nicht unters Kopfkissen gehört. Bei jüngeren Kindern benötigt es mehr Regeln, die den Medienkonsum betreffen, je älter die Jugendlichen werden, umso mehr kann man ihnen das Steuer überlassen. Die nächsten Kapitel befassen sich ganz praktisch mit der Frage: Was machen die Kids eigentlich im Internet? Erwachsene Leser erfahren hier alles Wissenswerte über Youtube – das Fernsehen der jüngeren Generation, über Facebook oder angesagte Spiele wie Minecraft und dazugehörige Let’s Plays.
Natürlich geht es auch um die Themen, die Eltern besonders Angst machen: Mobbing, Grausamkeiten, Pornos oder Abzocken im Internet.
Niemand wird zu 100 % verhindern können, dass seine Kinder damit in Berühung kommen.
Aber: „Niemand kann auf Facebook Ihre Tochter in ein Auto zerren, niemand kann Ihren Sohn online körperlich angreifen“, schreiben die Haeuslers und verweisen darauf, dass der körperliche Missbrauch in der Realität des Alltags stattfindet. Dennoch können Kinder auch im Netz verletzt werden.
In Bezug auf Mobbing sollten die Eltern ebenfalls die Augen offen halten, feinfühlige Aufmerksamkeit bieten, aber auch nicht überdramatisieren. Bei schweren Verstößen raten die Haeuslers dazu, professionelle Hilfe hinzuzuziehen.
Worüber Eltern aber in Bezug auf das Internet mit ihren Kindern reden sollten, sind auch Dinge wie Schutz der Privatsphäre und Rechte im Netz, ebenso das Thema Werbung und Abzocke. Denn leider sind auch Kinder häufig Opfer von unübersichtlichen Verträgen, die ihnen das Geld aus der Tasche – bzw. von der Handykarte – ziehen. In jeder Hinsicht ist es sinnvoll, sich als Ansprechpartner anzubieten und dafür zu interessieren, was die Kids im Netz so treiben. Im Anhang des Buches finden sich noch technische Tipps für Kindersicherungen im Netz.

Das 300 Seiten starke Werk „Netzgemüse“ ist sehr kurzweilig geschrieben und will kaum noch aus der Hand gelegt werden. Es kann durchaus als Pflichtlektüre für Eltern empfohlen werden.

Netzgemüse – Aufzucht und Pflege der Generation Internet
2012 Originalausgabe | Goldmann
9,99 Euro (empf. VK-Preis)
www.netzgemuese.com

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