Vom Fischer und seiner Frau – eine musikalisch-märchenhafte Reise im Theater Aachen

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Wenn man an die Märchen aus seiner Kindheit zurückdenkt, in die man sich am liebsten hineinträumte, ist die Geschichte „Vom Fischer und seiner Frau“ bei den meisten wohl nicht darunter. Doch davon ließen sich Katharina Grosch (Regie) und Malcom Kemp (Musik) nicht abhalten. Als musikalisches Märchen und mit einem kreativen neuen Ansatz erwecken sie das ursprünglich plattdeutsche Märchen von Philipp Otto Runge zu neuem Leben. Wie gut ihnen das gelingt und ob die Inszenierung ein wenig magische Stimmung in der Weihnachtszeit erweckt, erfahrt ihr hier. Wir waren bei der Premiere des Stücks dabei.

Den Geschwistern Mara (Marlina Adeodata Mitterhofer) und Kai (Furkan Yaprak) eröffnet sich eines Nachts in Form einer Gummiente (Luc Schneider) eine Möglichkeit, die viele wohl gerne gehabt hätten: Sie dürfen ihre Gutenachtgeschichte nicht nur hören, sondern auch erleben. Die beiden tauchen in eine märchenhafte Welt ein und schlüpfen in die Rollen der beiden namensgebenden Protagonisten des Märchens. Als der arme Fischer, dessen Rolle Kai übernimmt, einen magischen Butt (Benedikt Voellmy) fängt, der Wünsche erfüllen kann, ist der Ärger vorprogrammiert. Denn warum sollte man sich mit einer Hütte als Wunsch begnügen, wenn man auch ein Schloss haben kann oder ein Kaiserreich oder gar Papst sein könnte? Die beiden Kinder brechen mit allen Wunschregeln der Welt, als sie immer mehr und mehr wollen. Doch eins ist klar, stellt die Krabbe (Jelena Rakic), die grummelige Begleiterin des Butts fest, einen Wunsch, den gibt’s nur einmal!
Aus dem Spiel wird schnell bitterer Ernst, als die Kinder nicht nur untereinander in Streit geraten, sondern auch die Ente mit ihrem Verhalten in die Flucht schlagen. Jetzt müssen sie sich alleine den Konsequenzen ihres Handelns stellen, denn sie haben eine Naturgewalt gegen sich aufgebracht: die Flut (Irina Popova). Wird die Geschichte für die beiden ein gutes Ende nehmen?

Das Stück richtet sich an Kinder ab sechs Jahren, doch das bedeutet nicht, dass man nicht auch als Erwachsener hier seinen Spaß haben kann. Das Bühnenbild (Bühne und Kostüme Sina Manthey) besticht bereits durch seine schillernd-farbenfrohe Erscheinung und macht es dem Publikum leicht, sich in die weiten Tiefen einer Unterwasserwelt zu versetzen. Und nicht nur die opulenten Tiefseepflanzen begeistern. Über die Zeit hinweg rollen und schweben immer mehr großartige Requisiten über die Bühne. Das Auge findet immer wieder etwas Neues zu bestaunen.
Auch die Charaktere nehmen das Publikum schnell für sich ein. Die Dynamik zwischen der abenteuerlustigen Mara, die am liebsten gar nicht ins Bett gehen möchte, weil es in der Zeit doch sooooo viel anderes zu erleben gibt, und ihrem Bruder Kai, der doch eigentlich nur endlich einmal seine Ruhe haben möchte, sorgen bereits in den ersten fünf Minuten des Stücks dafür, dass mehrfach fröhliches Kinderlachen und das amüsierte Gelächter der Erwachsenen den Saal erfüllen. Gerade die Gummiente sorgt mit ihrer etwas überforderten und dadurch sehr charmanten Art immer wieder für gute Stimmung im Publikum.

Auf Grundlage des alten Märchens wird eine Geschichte erzählt, die vor allem das Thema der Zufriedenheit in den Mittelpunkt stellt. Muss es wirklich immer höher, schneller, weiter sein oder reicht es manchmal aus, einfach innezuhalten und zu fragen: Nur weil mehr möglich ist, brauche ich dieses Mehr wirklich, um glücklich zu sein?
Zudem bringen Themen wie Wut und Neid unter Geschwistern eine menschliche Komponente in die Geschichte, die der Originalstoff vermissen lässt. Neue Figuren wie die Krabbe oder die Flut und der Ausbau bereits bestehender tun ihr Übriges, um die Inszenierung für ein neues Publikum zugänglich zu machen.

Foto: Annemone Taake

Die Musik spielt in dem Stück eine wichtige Rolle. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass die vierköpfige Band nicht etwa im Orchestergraben verschwindet, sondern mit ihren bunten Kostümen zu einem Teil der Unterwasserwelt wird und mit dem Bühnenbild geradezu verschmilzt. Durch die Songs, die nicht nur verschiedene Genres, sondern auch Gesangsstimmen vereinen, wird eine große musikalische Vielfalt geboten. Mehr als einmal werden die eingängigen Lieder durch das im Takt klatschende Publikum begleitet.
Trotz der vielen Ergänzungen der Originalerzählung kehrt man abschließend etwas plötzlich in die Realität zurück. Dennoch findet das Stück ein rundes Ende, nach dem wohl alle Zuschauer zufrieden nach Hause gehen können.

Auf humorvolle Weise, die nicht nur auf die Kinder abzielt, bringt das Theater Aachen eine neue Märchenfassung auf die Bühne, die so wohl niemand erwartet hatte, die aber gerade beim jungen Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Nach der Aufführung brummt das Foyer von Stimmen, die sich über das eben Gesehene austauschen, und Kindern, die ausgelassen darüber debattieren, welche Figur ihnen am besten gefallen hat. „Die Unterwasserwelt war aber auch mega schön!“, hört man es durch den Raum schallen. Die knapp über eine Stunde dauernde Aufführung sorgt für Gesprächsstoff bei den Jüngsten.
Wer Lust hat, sich vor Weihnachten einmal in eine märchenhafte Welt voller Musik, individueller Charaktere und kleiner amüsanter Momente entführen zu lassen, wird in diesem Stück auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. „Manntje, Manntje, Timpe Te“ hat noch nie so magisch geklungen.

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