Selfie – ein Stück des jungen Grenzlandtheater über Grenzen, Schuld und Identitätsbildung

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Lily und Emma sind beste Freundinnen. Lily ist nach außen ein beliebtes, aufgeschlossenes Mädchen, das viel Wert auf Äußeres und seine Social-Media-Präsenz legt. Emma ist schüchtern, unsicher und meint, sie wäre unbeliebt. Gleichzeitig schwärmt Emma auch noch für Lilys großen Bruder Chris. Chris ist ein Jahr älter, geht auf dieselbe Schule wie die beiden und ist nach außen der beliebte, coole Typ.
Als Emma ihrer Freundin erzählt, dass sie in Chris verliebt ist, ist diese Feuer und Flamme und will die beiden einander näher bringen, da sie weiß, dass auch Chris Lily toll findet, innerlich aber nicht so cool ist, wie er sich nach außen zeigt und sich nicht traut, sie anzusprechen. Die beiden kommen sich auf einer Party näher, doch Emma weiß am nächsten Abend nicht mehr, was passiert ist. Anstatt mit ihren Freunden zu reden oder mit Chris auf Wolke sieben zu schweben, zieht sie sich zurück und weist ihre engsten Vertrauten ab.
Dann beginnt die Polizei Fragen zu stellen, was auf der Party passiert ist, und die Situation wird für die drei noch komplizierter. Lily fühlt sich zwischen ihrem Bruder und ihrer besten Freundin hin- und hergerissen und postet schließlich ein unbedachtes Foto auf Instagram, was die Gerüchte über die Partynacht erst so richtig hochkochen lässt …

Was ist in der Nacht passiert? Die Jugendlichen wissen es nicht mehr so genau | Foto: Steffi Ratzke

Man wünscht sich, dass sie es einfach hinkriegen, sich auszusprechen

„Selfie“, geschrieben von der Kanadierin Christine Quintana, erzählt eine Geschichte über Grenzen, Identität und die Frage nach Schuld. Für Jugendliche ab 14 Jahren führt das Stück mit viel Feingefühl, Verständnis für jeden der Charaktere und ohne einfache Schuldzuweisung in die Welt ein, die auch der Realität vieler Jugendlicher entspricht.
Die Bühne ist simpel gestaltet: zwei Treppen, die verschoben werden und so mal zur Schulbank, mal zum Sofa oder zur Pausenhalle werden, Türen zu den Seiten und ein riesiges Smartphone im Hintergrund, auf dem man die Selfies der drei sieht oder Textnachrichten in den sozialen Medien lesen kann. In diesen Settings bewegen sich Paula Luy, Tamara Anna Hermanns und Tim Taucher als Emma, Lily und Chris.
Man versteht die inneren Konflikte und Gedanken, die Emma, Lily und Chris quälen, würde sich am liebsten wünschen, dass sie es einfach hinkriegen, sich auszusprechen und alles zu klären.
Nach dem Stück kehren Paula, Tamara und Chris auf die Bühne zurück und Theaterpädagogin Imke Voigt kommt hinzu. In der heutigen Aufführung sind Schüler des Rhein-Maas-Gymnasiums, der Hauptschule Aretzstraße und der Alkuin-Realschule anwesend.
Imke Voigt sucht das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern und versucht, sie mit ihren Fragen zum Nachdenken zu bewegen. Man merkt, dass die angeschnittenen Themen für viele der Jugendlichen schambehaftet sind und es ihnen schwer fällt, ins Gespräch einzusteigen. Einige ergreifen jedoch das Wort und beteiligen sich rege. So wird gemeinsam diskutiert, was die Figuren hätten anders machen können, was die zentralen Themen des Stücks sind und ob sie ähnliche Geschichten auch aus eigener Erfahrung kennen.
Auch wenn sich nicht viele Schülerinnen und Schüler beteiligen, ist der Austausch sehr erfolgreich, die Schüler haben viele Ideen, was falsch gelaufen ist, dabei beteiligen sich sowohl die Mädchen als auch die Jungen. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind ebenfalls an der Diskussion beteiligt und die Schüler dürfen ihnen Fragen stellen.

Kernthemen der Jugendzeit aufgreifen

Imke Voigt, Paula Luy, Tamara Anna Hermanns und Tim Taucher hoffen, dass das Stück bei den Schülern einen Eindruck hinterlassen hat. Vorher hätten sie viel miteinander diskutiert, zum Beispiel darüber, wer Schuld hat und ob es überhaupt sinnvoll ist, in so einem Fall von Schuld zu sprechen. Für sie ist das Erkennen und Benennen der eigenen Grenzen das zentrale Thema des Stücks, auch wenn viele Themenpunkte angeschnitten werden.

Insgesamt spricht das Stück so viele Themen an, dass es gar nicht so leicht ist, ein Kernmotiv oder Kernthemen auszuarbeiten. Es geht um Alkoholkonsum, Missbrauch und Schuld, Social-Media-Nutzung, eigene Grenzen, Identitätsentwicklung und vieles mehr. Dennoch wirkt es dabei nicht überladen oder unnatürlich, vielleicht weil die Jugendphase für viele genau das bedeutet, was im Stück auch dargestellt wird. Viel auf einmal, tausende Themen und manchmal einfach totale Überforderung.

In Aachen wird das Stück von GRETA – dem jungen Grenzlandtheater vom 9. November bis zum 22. Dezember 2022 unter Regie von Alessandra Ehrlich in verschiedenen Schulen aufgeführt. „Selfie“ kann für Schulen der StädteRegion als Bildungszugabe kostenfrei gebucht werden.
Mehr Informationen dazu unter: grenzlandtheater.de/programm/selfie

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