Essensausgabe in der Flüchtlingsunterkunft – das erwartet einen

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Erfahrungsbericht nach drei Monaten. Für alle, die nicht genau wissen, was sie erwartet, wenn sie sich zur Essensausgabe anmelden, und die deshalb davor zurückschrecken, schreibe ich hier einen kleinen Erfahrungsbericht, denn derzeit sind mindestens in vier Unterkünften in Aachen noch viele Dienste „zwischen den Jahren“ und Anfang Januar unbesetzt.

Als im September immer mehr Flüchtlinge in Aachen ankamen, habe ich mich entschieden, die persönliche Komfortzone zu verlassen und mich freitags vor der Arbeit zur Frühstücksausgabe zu melden.
Da ich von Seiten der Stadt – wo sich 2000 Freiwillige meldeten – keine Antwort erhalten habe, hab ich mich in die Liste eingetragen, die der Ökumenische Lenkungskreis erstellt hat. Mit Kirche habe ich persönlich nichts am Hut. Religionszugehörigkeit ist also schonmal egal.
IMG_9426zelt_kaserneBeim ersten Mal habe ich außerhalb des Kasernengeländes geparkt, aber das ist nicht nötig. Die oft angekündigten Kontrollen und Helferausweise sind auch nach drei Monaten nie Realität geworden. Wohl aber wird man von zwei oder drei Jungs von der Security in Empfang genommen, die einen nach seinem Anliegen fragen, sofern sie einen nicht kennen, oder einen begrüßen. In den drei Monaten waren verschiedene Unternehmen beauftragt und ich habe verschiedene Teams kennengelernt – allesamt nette Leute, also nicht erschrecken!
Das Frühstück an sich ist der Dienst, wo am wenigsten los ist, denn einige Menschen schlafen natürlich lieber länger und kommen nicht ins Zelt.
Es geht in der Zeit zwischen 8 und 10 Uhr also meist nicht sehr stressig zu. Mittags und abends soll das anders sein – ich werde es übermorgen testen.
IMG_9563koernerkaserneZu tun ist beim Frühstück Folgendes: Fladenbrot (oder Toast) in Schüsseln legen, Wurst, Käse, Weißkäse, Eier, Oliven, Peperoni (oder was da ist) auf den Tischen hinter den vorderen Tischen bereitstellen. Teller bereitstellen. Auf die vorderen Tische kommen Butter und die süßen Aufstriche.
Um die Getränke (heißes Wasser und Tee) kümmert sich immer schon vorher jemand.
Wenn die Menschen kommen, begrüßt man sie und belegt den Teller mit dem, was gewünscht ist. Die meisten sagen dies auf Englisch oder Deutsch oder zeigen es mit ihren Fingern.
Mittags und abends wird warmes Essen ausgegeben, das angeliefert wird.
Nach dem Dienst ist man angehalten, alles wieder aufzuräumen, und zwar am besten pünktlich, damit die Regeln bestehen bleiben. Inzwischen darf man auch angebrochene Wurst- und Käsepakete in Frischeboxen wieder in den Kühlschrank stellen und muss nicht alles, was angebrochen ist, entsorgen, was uns Helfer immer verrückt gemacht hat.
Und das war es auch schon. Ein bisschen reden und scherzen lockert das Ganze natürlich auf.

Nach dem ersten Dienst war ich etwas geschockt und habe überlegt, warum ich das mache. Nicht alle Menschen begegnen einem mit Wohlwollen. Teils sind sie mürrisch oder schlecht gelaunt, auch mal unfreundlich. Man sollte sich im Klaren sein, dass dies ein ganz normaler Durchschnitt durch die menschliche Gesellschaft ist. ABER: Je öfter man hingeht, umso besser lernt man die Menschen kennen, sie tauen auf und man hat viele lustige und nette Erlebnisse! Es lohnt sich also dabeizubleiben!
Als die erste Gruppe nach einigen Wochen Aachen verlassen hat, war ich richtig traurig, man gewöhnt sich natürlich an die Menschen und muss mit der neuen Gruppe von vorne anfangen.
Der Freitagsdienst ließ sich auf Dauer von mir nicht leisten, ich bin also auf Sonntag umgeschwenkt. Nun schlafe ich nicht aus, sondern starte den Tag früh. Ja, ich habe mich schon des Öfteren beim Weckerklingeln gefragt, ob das sein muss und ob ich wahnsinnig geworden bin. Aber dann macht es doch richtig Spaß. Wenn man öfter da ist und die Menschen kennt, kann man auch mit den Kindern spielen. Ich nehme sonntags immer Rätsel und Malbilder mit und beschäftige mich nach dem Frühstück noch mit den Kindern, aber das zählt nicht zum „normalen“ Essensdiensteinsatz.

Ein Wort könnte man noch über die Heizung verlieren. Bei der Kaserne wird im Zelt gegessen. Zum Glück hat sich viel getan. Die Zeltplanen sind durch Einsatzwände ersetzt worden und die Heizung, die bei den ersten Einsätzen immer ausgegangen ist, funktioniert inzwischen. Dennoch ist es ratsam, für alle Temperaturen gewappnet zu sein. Es kann sehr heiß werden, aber auch schnell wieder sehr kalt. Warme Schuhe sind ein Muss, zumindest für mich – die Bewohner der Kaserne laufen am liebsten in Badeschlappen herum. Wenn etwas nicht klappt, fragt die Security oder jemand anderen, der so aussieht, als würde er sich auskennen (meist ist das Wolfgang, der fast jeden Tag vor Ort ist, und inzwischen hilft auch ein junger Flüchtling bei der Essensausgabe, der kennt sich auch aus).
IMG_9437hygiene_kaserneAch so – noch die Sache mit der Hygieneschulung: Die braucht ihr nicht mehr. Ihr könnt eine Schürze anziehen und Plastikhandschuhe (alles vor Ort vorhanden). Ihr könnt es aber auch lassen und ansonsten die Regeln beachten, die jeder vernünftige Mensch in der Küche beachtet. Also Händewaschen und schleppt euch nicht krank zu den Einsätzen. Wenn ihr noch spezielle Fragen habt: Nur zu!
Mir macht es auf jeden Fall nach drei Monaten noch viel Spaß und ich habe mich bisher für sieben Dienste in diesen Feiertagswochen eingetragen.

Eine Beobachtung am Rande

Eine Sache, die mich – und viele Helfer – nervt und die fast jedem sofort auffällt, ist das Müllaufkommen. Und das hat wenig mit den Flüchtlingen zu tun, aber viel mit der Organisation der großen Einrichtungen. Alles wird auf Plastiktellern und in Plastikbechern und mit Plastikbesteck serviert und alles wird zusammen weggeschmissen. Samt Essensresten und Papiermüll. Inzwischen haben die Helfer angefangen, zumindest den Papiermüll zu trennen und selber wegzufahren.
Die Antwort auf meine Anfrage bei der Stadt, warum es keine Papiertonne gibt, lautete: „Zu teuer.“ Ich weiß nicht, ob das stimmt.
Ich finde es seltsam, dass auf der einen Seite arabische Prospekte gedruckt werden, die das Mülltrennen erklären sollen, und auf der anderen Seite die Flüchtlinge in den ersten Monaten in Deutschland nur sehen, dass sich hier keiner um Müll schert. Da sieht man mal, wie deutsch ich bin. Ich habe das so sehr verinnerlicht, dass es mich wirklich sehr stört, was hier praktiziert wird. Aber das war jetzt nur eine kleine Exkursion in eine Beobachtung am Rande und tut der Tatsache keinen Abbruch, dass ich gerne auch weiter mithelfe.

Dieser Bericht bezieht sich auf die Arbeit in der Körner-Kaserne.
In anderen Einrichtungen wird es Abweichungen geben, aber im Grunde ist es das.
Frühstückszeiten sind meist zwischen 8-10 Uhr, Mittagessen ca. 12-14 Uhr, Abendessen ca. 17:30-19:30 Uhr (je nach Anlieferung)

Foto: Birgit Franchy / Körnerkaserne

Ihr wollt auch helfen?
Dann hier entlang:
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