Disneyklassiker-Aristocats

in Kino & Filme

Vorgestellt von Marco Siedelmann
Der gierige Butler Edgar hört es nicht gern, dass seine Arbeitgeberin Madame Adelaide ihr üppiges Vermögen den Katzen vermachen will. Er setzt die zarten und verwöhnten Tiere auf dem Land aus – das Problem scheint aus der Welt geschafft. Abseits von Paris scheint Katzendame Duchesse mitsamt ihren drei kleinen Kätzchen verloren. Der charmante und offenherzige Streuner Tom nimmt sich den aristokratischen Artgenossen an und verhilft ihnen gemeinsam mit seiner Crew, einer fetzigen Jazzband, nicht nur zurück nach Hause und zu ihrem rechtmäßigen Besitz sondern zeigt den im Goldenen Käfig aufgewachsenen neuen Freunden, dass es im Leben mehr zu entdecken gibt als materiellen Besitz und die Sicherheit eines geborgenen Heims. An erster Stelle steht da natürlich die ungezügelte Liebe zur Musik. In „Aristocats“ hat diese eben mehr als eine ausschmückende, ornamentale Funktion: Ohne den Jazz-Rhythmus der überraschend avantgardistischen Klänge wäre dieser Film nicht denkbar, das Niedlichkeitsprinzip im Figurendesign tut dem keinen Abbruch.


Auch als großer Fan lässt es sich nämlich kaum leugnen: Auf so manchem Lied in so manchem Disneyfilm liegt fingerdicker Staub. So wunderschön die Meisterwerke der Vierziger- und Fünfzigerjahre auch heute noch sind, nicht selten stören die teils arg sentimentalen Kompositionen und Gesänge ein wenig das zeitlose Gefüge, in dem sich die Filme befinden. Im übrigen das einzige Detail, an dem die immergültige Perfektion der Großproduktionen an ihre Grenzen stößt. Geändert hat sich das in den Sechzigerjahren, als Wolfgang Reitherman das Steuer übernommen hat und der alternde Walt Disney sich immer mehr zurückziehen musste von der aktiven Produktion. Von „101 Dalmatiner“ bis „Das Dschungelbuch“ hatte sich das vormals so pompöse Antlitz der Disneyfilme modernisiert und sich mehr abstrakten Hintergründen hingegeben – „Aristocats“ führt diesen Weg nicht nur konsequent fort sondern erreicht eine Art Extrempunkt: Die sich anschließenden Kinoproduktionen sollten wieder gemäßigter und traditionalistischer ausfallen. Keine andere Disneyproduktion wartet mit derartig vielen psychedelischen Sequenzen auf, in denen die Musik auch visuell zum Leben erwacht, kaum ein anderer Zeichentrickfilm schüttelt so mühelos narrative Zwänge ab, um Details zu feiern und schafft es gleichzeitig, eine stringente Storyline zu verfolgen.

Trivia am Rande: Der Titelsong stammt von Maurice Chevalier, der zwei Jahre später verstarb und den eine lange Freundschaft mit Walt Disney verbunden hatte. Disney selbst war nicht mehr an der Produktion beteiligt, er starb bereits 1966 und hatte die Aristocats nur in ihrer frühesten Pre-Produktion begleitet. Den Vergleich mit dem früher entstandenen und mindestens genauso schönen (meiner Meinung nach sogar besseren) Paris-Romantik-Zeichentrickfilm „Gay Purr-ee“ muss „Aristocats“ lediglich so selten antreten, weil der Konkurrent so gut wie vergessen ist und sich auf dem deutschen Markt ohnehin nie etablieren konnte. Eine Schande, die aus Reithermans Katzen-Jazzer aber sicherlich keinen schlechteren Film macht. Auch wenn die BluRay „Aristocats“ in maximaler Schärfe und Klarheit präsentiert wird (und damit gegenüber der DVD klar den Vorzug erhalten sollte), bleibt das Bonusmaterial spartanisch und langweilig. Kontext-Erweiterung sucht man vergeblich, die Sing-mit-uns-Specials dürften auch bei den Kids nicht wirklich ankommen und auch der Bonus-Cartoon glänzt nicht durch eine originelle Auswahl. Zwar zeigt „Der Vetter vom Land“ den ersten Auftritt von Donald Duck, hat bis auf sein ländliches Setting aber nichts mit dem Hauptfilm gemein und wirkt eher deplatziert.

USA 1970 | Regie: Wolfgang Reitherman | Länge: 78 Min. | FSK: ohne Altersbeschränkung

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