Disneyklassiker: 101 Dalmatiner

in Kino & Filme

Vorgestellt von Marco Siedelmann
Der Dalmatiner-Rüde Pongo verliebt sich unsterblich in das Dalmatiner-Weibchen Perdita. Der Rest ist Geschichte: Seinem linkischen Herrchen Roger verhilft der aufgeweckte Hund zu einem Date mit der reizenden Anita, dem Frauchen der angebeteten Perdita – es muss auch mal einfach sein im Leben, also klappt diese Verbindung sofort. Während sich ihre Besitzer häuslich einrichten und zusammenziehen wird aus der Romanze der beiden Hunde schnell eine Großfamilie: Ein ganzer Wurf Welpen füllt schnell das Heim, was Anitas doppelzüngige und arrogante Freundin Cruella auf den Plan ruft. Sie will sich die Neugeborenen unter den Nagel reißen um aus ihnen einen exklusiven Pelzmantel schneidern zu lassen. Als Cruella die Welpen entführt machen sich Pongo und Perdita auf eine schwierige Rettungsmission – doch auch die Kleinen haben clevere Ideen und denken gar nicht daran, widerstandslos als Kleidungsstück zu enden.


„101 Dalmatiner“ – in Deutschland früher noch „Pongo & Perdita“ – markiert den wichtigsten künstlerischen Wendepunkt im Disney-Universum: Der letzte Spielfilm von Clyde Geronimi (der die Fünfzigerjahre hinweg bestimmender Regisseur war) ist zugleich der erste von Wolfgang Reitherman, der das Studio zu entscheidenden Neuerungen bringen und sich vollständig von Geronimis mythologischem Märchen-Stil (zum Höhepunkt gereift im Meisterwerk „Dornröschen“) verabschieden sollte. Vorliegender Film tauscht das naturalistische Design früherer Produktionen zugunsten jener abstrakten Hintergründe ein, die in in den späten 50ern/frühen 60ern dafür sorgten, dass traditionelle Cartoons und Zeichentricks aus den Kinos verschwanden.

Avantgarde-Filmemacher wie Norman McLaren hatten einen neuen Zeichenstil etabliert, der selbst am Disney-Giganten nicht vorbeiziehen konnte. Trotzdem ist natürlich auch „101 Dalmatiner“ ein satter, detailreicher und aufwendiger Film geworden. Manchmal scheint der merkwürdig gegliederte und mit einem extrem langen Showdown aufwartende Filmspaß im Experiment zu verschwimmen, dennoch findet die Geschichte immer wieder zu ihrer anfänglichen Simplizität (das erste Drittel ist klar das stärkste) zurück. Mit der nikotingelben Giftwolke Cruella DeVil hat die Geschichte überdies einen der fiesesten Antagonisten in der Disney-Historie zu bieten. Welches Kind erinnert sich nicht an die garstige Hexe, die noch bedrohlicher erscheint als die Medusa im später entstandenen „Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei“? In der 1996 entstandenen Realverfilmung – die ansonsten dem Original natürlich hilflos hinterher hinkt – wird Cruella kongenial von Glenn Close verkörpert.

Am 27.09. erscheint dieser Klassiker erstmals auf Blu-Ray, die der schon großartigen DVD qualitativ den Rang ablaufen wird. Der Kunde kann wählen zwischen einem Double Feature mit dem zweiten Teil oder der Single-Version des Originals. Anders als etwa beim „Bernard & Bianca“-Doppelpack muss hier entschieden auf die Solo-Variante verwiesen werden. Die 2002 erschienene Fortsetzung ist nicht nur verzichtbar sondern ein Ärgernis – mehr als die lieblose Aufbereitung der Geschichte um Cruella DeVil muss hier angekreidet werden: Auch technisch handelt es sich um dahingeschleuderte Dutztendware mit wiederverwendeten Hintergründen und ohne eine einzige zwingende Idee. Auch die Kleinsten werden das gigantische Qualitätsgefälle unweigerlich bemerken und den fünfzigjährigen Film seinem billigen Nachfolger vorziehen. So betrachtet könnte es kaum eine bessere Adelung geben für die zeitlose Klasse von Reithermans Regie-Einstand.

Die Extras dieser BD-Veröffentlichung stammen zwar „nur“ von der DVD und wurden nicht erweitert, überzeugen aber mit einem ausführlichen Making Of, welches detaillierte Einblicke in den Produktionsprozess bietet und den filmhistorischen Kontext verständlich macht. Außerdem bekommt man einen Eindruck über die beschwerliche Arbeit, die hunderte beteiligte Zeichner in den Film gesteckt haben. Neben originalen Trailern, Radio-Spots und TV-Werbungen findet sich ein liebevolles, wenn auch mit sieben Minuten recht kurz ausgefallenes Special über besagte Cruella deVil. Sing-mit-uns-Beiträge und kleine Spiele runden das Programm auch für jüngere Kids ab und gestalten diese Veröffentlichung zum liebevollen Sammlerstück, mit dem man sich auch noch lange nach dem Abspann beschäftigen kann. Das gewohnt schicke Coverdesign besorgt den Rest: Eine echte Empfehlung, selbst an den hohen Disney-Standards gemessen.

USA 1961 | Regie: Clyde Geronimi, Wolfgang Reitherman, Hamilton Luske | Länge: 79 Min. | FSK: ohne Altersbeschränkung
Blu-Ray-Veröffentlichung: 27.09.

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